Natürlich vergesse ich am letzten Abend meinen Zimmerschlüssel im Zimmer
und bringe damit die beiden Damen an der Rezeption komplett außer Fassung.
Möglicherweise liegt es daran, dass meine Gedanken meinem Leben schon wieder
zwei oder gar mehr Schritte vorauseilen, denn während ich doch eigentlich meinen
letzten Abend "la dolce vita" genießen möchte, bin ich gedanklich schon bei all
meinen Ideen und Projekten, die ich zu Hause sofort angehen und umsetzen möchte.
Da streikt - ja, was ist es, was da streikt? - die Seele, der Kopf, das Gehirn, die Gedanken? -
ich bin nicht sicher, was es ist, aber da ich an das Schicksal glaube und wie ich schon ausführte
auch an Zeichen, nehme ich den vergessenen Schlüssel als Zeichen dafür, im Hier und im Jetzt
zu bleiben und nicht schon im Morgen zu verweilen.
In meiner vagen Vorstellung davon, dass diese Reise möglicherweise auch der Wiederbeginn meines Schreibens sein könnte, hatte ich mir ausgemalt, wie schön - und natürlich auch harmonisch - es sei, wenn der letzte Reiseeintrag den Titel "Selbstliebe" trüge.
Davon jedoch, das ist mir bewusst geworden in diesen Tagen hier am See, bin ich noch ein großes Stück entfernt.
Mir liegt es, melodramatisch um das Fehlen einer solchen zu trauern, dabei kann einzig und allein ich sie finden und spüren.
Mag sein, die Tage haben nicht ausgereicht, mag sein, ich bin zu streng mit mir.
Eine sehr liebe Freundin sagte mir neulich:
"Weißt Du, ich bin mit mir selbst immer so ernst!"
Das finde ich so passend, denn es trifft so ziemlich genau meinen eigenen Umgang mit mir selbst.
Aber eine Reise ist immer ein Weg und dieser Weg endet nicht morgen mit meinem Rückflug, sondern er geht weiter unabhängig vom Land, in dem ich mich befinde, unabhängig von Regen und Sonne, egal wohin ich mich bewege und wo ich auch bin oder sein werde, meine Reise ist noch lange nicht beendet!
Ich fliege selbstbefriedet nach Hause. Tatsächlich finde ich dieses Wort anderswo nicht wirklich und bezweifle, dass es überhaupt existiert, aber es ist das, was meinen Seelenzustand am besten beschreibt.
Nach den Anstrengungen und der Hektik, den Unabwägbarkeiten, den gravierenden privaten Veränderungen, dem Neuanfang des letzten Jahres, habe ich nun zur Ruhe gefunden, auf irgendeine nicht deutbare Weise meinen Frieden mit mir gemacht.
Für den Moment.
Ich bin mit mir selbst im Reinen, kann das letzte Jahr gedanklich ablegen, um nun wieder neu zu beginnen.
Darauf freue ich mich mit einer ganz kindlichen und naiven Freude.
Was liegt näher, als Hermann Hesse zu zitieren:
"Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne!"
Im Herzen spüren, mit den Augen sehen, die Gedanken mitnehmen.
Das ist mein Wunsch.