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Krankengymnastik

Missmutig fahre ich zum Physiotherapeuten meines Vertrauens.
Die sportlich anmutende Kleidung täuscht.
In ihr steckt kein sportlich dynamischer, sondern eher ein lustloser und absolut unsportlicher Körper.

Aus diesem Grunde wabert die ultimative Sporthose auch um mich herum. Mein Körper weiß, was ihn erwartet und stößt die Kleidung förmlich ab.

An der Ampel schaue ich auf ein Werbeplakat.
"Lächle und der Tag lächelt zurück"

Na toll.
Was ist das denn für ein dämliches Plakat bitte?
Freitag morgen, kurz nach sieben Uhr und ich kann die Krankengymnastik anlächeln wie ich will.
Da lächelt rein gar nichts zurück.

Millionen von Menschen schlafen jetzt noch.
Na gut, vielleicht nicht Millionen, denn es ist schließlich werktags, aber sagen wir mal Hunderttausende.
Und ich sitze hier im kalten Auto, in abstoßender Sportkleidung und muss mich gleich bewegen.
Man stelle sich das vor.

So viele Autos wie hier herumfahren, schlafen eventuell doch nur noch ein paar Tausende Menschen.
Zieht man noch die Hundigassigeher ab bleiben womöglich nur Hunderte übrig.
Ja, schon okay, aber zwei bis drei Menschen schlafen jetzt noch und ich könnte einer von ihnen sein, wenn ich nicht meine Intelligenzbestie von Schweinehund gestern in die Flucht geschlagen hätte.

Das hat man nun davon.
Eine wahre Heldentat, die sich nun rächt.

Ein Blick in den Rückspiegel zeigt mir merkelsche Mundwinkelverhältnisse.
Das möcht ich nicht.
Schnell tackere ich mir ein Lächeln fest.
Um Himmelswillen, nur ja nicht nach unten ziehende Mundwinkel alá Merkel forcieren.

Ich lächle also.
Bislang hat noch nichts und niemand zurückgelächelt, aber gut, das kann ja noch kommen.

Kurze Zeit später hänge ich in den Seilen.
Um genau zu sein, in irgendwelchen Deuserbändern.

Mit weit von mir gestreckten Armen hänge ich also an diesem Lattengerüst in den besagten Bändern und gebe Kate Winslet auf der Titanic.
Mit ein wenig Phantasie könnten die Foltergeräte um mich herum der Ozean, die kleinen Hanteln hier vorne die Gischt sein.

"Ich bin der König der Welt", rief einst DiCaprio und ich bin versucht, es ihm nachzumachen, möchte aber die trainierenden Mitmenschen um mich herum nicht zu arg irritieren.

So häng ich da und mein linker Arm wird vermutlich in wenigen Minuten abfallen.

"Nicht in den Schmerz hinein!", erklärt der freundliche Physiotherapeut meines Vertrauens, der mir sehr Leid tut.
(Wer möchte schon gerne freitags morgens seine Schicht mit mir merkelmundwinkelverzogenem, mürrischen Menschen beginnen müssen?)

Und was bitte soll das heißen: "Nicht in den Schmerz hinein!"?
Ich bin praktisch ein Ganzkörperschmerz, seit meine linke Schulter die Weltherrschaft über meinen Körper übernommen hat.

Aber brav wie ich bin, häng ich mich weiter in die Seile und stöhne nur minimal.

"Tut es sehr weh?", werde ich gefragt und wäre ich bei Atem würde ich gerne durch meine Zähne zischen:

"Nein, überhaupt nicht, ich schwebe wie auf Wolken!"

Aber so gebe ich nur ein undefinierbares Ächzen von mir, das wohl als "Geht schon!" bei meinem Gegenüber ankommt.

Wieso fließt eigentlich nie Schweiß, wenn man ihn mal braucht?

Immerhin treibe ich hier schweißtreibenden Sport, mein Arm fällt gleich ab, mein angetackertes Lächeln liegt in den letzten Zügen und nebenbei höre ich mir noch Geschichten aus dem Leben eines Physiotherapeuten an.
Der wiederrum ist wahrscheinlich recht verzweifelt, da ich mir auch nach zehn Durchgängen diverse Übungen nicht merken kann, rechts und links verwechsle, mich verzähle und sogar falsch herum auf so ein Foltergerät setze.

Ja, was weiß denn ich? Mal ist es eine RÜCKENlehne an diesen Teilen, mal soll ich meine BAUCHwülste daran quetschen.

Ich quetsche also und stemme Gewichte, ich drücke, ziehe und hebe und schwinge. Das Schwingen soll hier nicht unterschlagen werden.
Von quer gegenüber schreit eine ältere Dame:

"Brust raus, Mädchen, Brust raus!"

In Ermangelung anderer weiblicher Wesen im Raum muss ich annehmen, dass sie mich mit "Mädchen" meint.
Ich tackere schnell mein Lächeln wieder an und zwinkere ihr zu, obwohl ich viel lieber schreien würde:

"Brust raus?"
Was denn noch alles? Rücken gerade, schwingen, pendeln, stemmen, heben, ziehen und das alles nicht in den Schmerz hinein, aber auch nicht hinaus, dreimal zehnmal und immer schön darauf achten, dass Frau Merkel sich nicht in die Mundwinkel schleicht.
Als bliebe da noch Zeit oder auch nur ein Gedanke für die Brust.
Soll sie hängen und bleiben wo sie ist. Die Brust jetzt.
Ich bin schon mit dem Ein- und Ausatmen überfordert, was ich ja auch nicht vernachlässigen soll.


Neben mir sitzt irgendso ein durchtrainierter Sportler und schaut interessiert meinen verweifelt anmutenden Versuchen zu, meiner Schulter Herr zu werden.
Vernutlich verwechselt er mich mit einer Realsatire aus dem TV.

Natürlich stolpere ich über meine Füße und dem Sportler nahezu sonstwo hin, als es ein Gerät weitergeht. Nicht, dass das noch viel ausmachen würde, denn ich bin vorrangig damit beschäftig, meinen linken Arm festzuhalten und ihm klarzumachen, dass er jetzt bitteschön an Ort und Stelle zu bleiben hat.
Meine Körperteile sind sehr autark und meinen  immer häufiger, sie könnten machen, was sie wollen.

Mittlerweile schwinge ich Hanteln was die Sauerstoffversorgung meiner Schulter ankurbeln soll - oder so.
Mir würde es ja  reichen, den Sauerstoff einzuatmen, aber ich werde hier generell nicht gefragt.

Ich persönlich bin ja der Meinung, es gibt Menschen, die wurden für den Sport geschaffen und andere eben nicht.
Gerne reihe ich mich in die "eben-nicht-Fraktion" ein.

Ein  letztes Mal darf ich die Kate geben, nur leider zeigt sich DiCaprio wieder nicht.
Dafür fällt eine Latte aus dem Gerüst und poltert neben mir zu Boden.

"Für heute reicht es!", werde ich erlöst und der Physiotherapeut beginnt, das Lattenteil wieder zusammenzubauen.
Ich gehe davon aus, er ist mindestens so froh wie ich, als ich fluchtartig das Therapiezentrum verlasse.

Nun muss ich mich auch nicht mehr um die merkelschen Mundwinkel kümmern. Ich lächle.
Und zwar von ganz alleine.
Der Tag kann kommen und wird, das weiß ich, wunderbar!

augenBloglich 02.01.2015, 08.44

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Hanna
Nochmal herzlichen Dank für die Hilfe und du hast einen sehr tollen Blog ! (:
26.11.2011-16:21
Gartenfee
Hi, bist du gar nicht mehr hier am Werk??? Das wäre aber schaade.
25.2.2011-23:00
patricia
wie heißt deine lehrerin!!!!!!!!
1.3.2008-16:20
NIcole
Hey, ich find das super das Du Dich durchgesetzt hast bei den anderen Müttern. Ist doch egal was die sagen. Bin stolz auf Dich. lieben Gruß
NIcki
30.3.2007-9:25