Ausgewählter Beitrag
Arztgespräch
Nach einer durchbrochenen Nacht vor der Kloschüssel, mitunter recht hilflos ob der Entscheidung, welches Körperteil - Po oder Kopf - nun Vorrang hat, fühlte ich mich heute morgen - gelinde gesagt - wie "ausgebrochen".
Wackelige Knie, kalter Schweiß - mir war hundeelend.
So fuhr ich denn - statt zur Schule - zu meinem sehr netten Hausarzt. Dieser - sehr nette - Hausarzt weilte jedoch im Urlaub, hatte aber, vorsorglich, für eine - wenn auch weniger nette - Vertretung gesorgt.
"Setzen!", befahl mir die Dame, als ich endlich das Sprechzimmer betreten durfte. Wild auf ihrer Tastatur einhämmernd wollte sie anschließend wissen: "Was ist es bei Ihnen?"
Auschweifend, detaillgetreu und anschaulich berichtete ich nun also von meiner letzten Nacht.
Ohne jegliche Regung hämmerte die Dame weiterhin auf die Tastatur ein und herrschte mich plötzlich an: "Berufstätig?"
Dieses eine Wort allein schien mir zu implizieren, dass eine etwaige Berufstätigkeit meinerseits, verbunden mit dem Krankheitsbild, in den Augen dieser Dame wohl einem Verbrechen gleich käme.
"Ja!" wagte ich dennoch laut und deutlich zu äußern, was mir einen ersten, wenn auch kurzen und kaum erwähnenswerten Blick ihrerseits einbrachte.
"Was JA", blafft die Dame mich daraufhin an "als was?"
Nun ist es in Zeiten von Lehrerhasserbüchern ja nahezu lebensgefährlich zu seinem Lehrerberuf zu stehen und so bedurfte es selbstverständlich all meines Restmutes, um offen und ehrlich zu bekennen: "Ich bin Grundschullehrerin!"
Sofort hörte das Tastengerammel auf und erstmalig nahm die Dame mich - nicht ohne ein gewisses Stirnrunzeln - zur Kenntnis.
"Müssten Sie dann jetzt nicht im Unterricht sein?" wollte sie nun wissen und ich sah ihre Gedanken in fetten Lettern über ihre Stirn spazieren: FAULES PACK!
"Ja", wollte ich gerade ich meine Erklärung starten, als sie mich brüsk unterbrach: "Toilletten werden Sie doch an Ihrer Schule wohl haben, oder?"
Dies war der Augenblick in dem ich innerlich meine Fäuste ballte und mir ausmalte, wie es sein würde, die Dame k.o. zu schlagen. Aufgrund des mehr als schlechten Lehrerimages ließ ich dies selbstverständlich bleiben und kostete meinen Sieg nur rein gedanklich aus.
"Ich hielt es nicht für sinnvoll, heute in die Schule zu gehen!", erklärte ich und versuchte meinen hochnäsigsten aller hochnäsigen Lehrerblicke aufzusetzen.
"Das seh ich!" brüskiert mich die Dame und fängt wieder an ihre Tastatur zu bearbeiten. "Und jetzt wollen Sie einen Krankenschein. So ein bisschen Darmrumpeln und schon legt man faul die Beine hoch!"
"Nein, ich denke Sie haben Recht. Es ist sicherlich sinnvoller in die Schule zu fahren, dort alle zwei Minuten aus dem Klassenzimmer in die Toilette zu rennen. Zwischendurch vielleicht mal - so ganz als Anschauung - den Kindern vor die Füße zu brechen.....!"
"Sie sollen die Kinder ja nicht knutschen und knubbeln. Nur unterrichten!" werde ich zurecht gewiesen und dann endlich zückt die Dame ihr Stethoskop, um sich anzuhören, ob es in meinem Darm auch wirklich rumpelt.
Ich erwäge just in diesem Moment ein Arzthasserbuch zu schreiben. Verwerfe die Idee aber direkt wieder, da ich mir schon die Schlagzeilen vorstellen kann:
LEHRERIN HAT AUSREICHEND ZEIT SINNLOSEN HASSTIRADEN GEGEN EHRBAREN BERUF AUSDRUCK ZU GEBEN
"Vomex!", erklärt mir die Dame knapp und entlässt mich mit einer vagen Geste Richtung Tür.
Die Arzthelferinnen sind so freundlich mir das Rezept auszuhändigen. Meine Nachfrage nach meiner heutigen Krankschreibung wird mit einem Achselzucken abgetan.
Langsam und müde trabe ich die Treppen hinunter.
Draußen auf der Straße übergebe ich mich ins nächstbeste Gebüsch.
Ich faules Pack!
Köstlich, einfach köstlich geschrieben, auch wenn dieses Wort nicht gerade zum Inhalt passt. Mir hat vorgestern eine Schülerin aufs Pult gek..., aber bis jetzt habe ich noch nichts *toitoitoi*. Dieser Ärztin würde ich mal sagen, dass ihr Kollege ab sofort eine Privatpatientin verloren hat. Wenn die dumme T. sich das leisten kann?!
Dir aber gute Besserung!
vom 17.02.2006, 20.33