Ausgewählter Beitrag
Als ich gestern unsere Mädel von ihren Großeltern abholte, klingelte es dort an der Tür.
Es wurde geöffnet und ich hörte:
"Hören Sie mal, Sie sind heute schon der Vierte. Ich kann wirklich nicht jedem etwas geben. Das führt zu weit!"
Neugierig sah ich aus dem Fenster, sah einen furchtbar heruntergekommenen Mann. An seiner Seite ein kleines Mädchen, kaum gegen die Kälte geschützt, vielleicht acht oder neun Jahre alt.
Das aufgedunsene Gesicht des Mannes sah elend aus, in seiner Hand eine Weinflasche.
Das Mädchen starrte verloren auf den Boden.
Während ich noch aus dem Fenster schaute, sichtlich erschüttert, sprudelte es neben mir:
"Das ist schon der Vierte. Den ersten beiden haben wir etwas gegeben, aber wenn jetzt alle paar Minuten wer klingelt. Wo soll das hinführen?"
Ja, dachte ich, wo führt das hin?
Wo führt es Vater und Tochter hin?
Was kann man tun, um zu helfen, ohne in Uferlosigkeit zu versinken.
Mich hat das erschüttert. Wie muss es einem Menschen gehen, der wahllos an Haustüren anklingelt, andere Menschen um Hilfe bittet, abgewiesen wird?
Wie behält man seine Würde? Wie erträgt man das?
Natürlich kann man nicht jedem etwas geben, nicht allen Menschen helfen.
Natürlich verstehe ich, dass es lästig wird, klingeln vier Menschen nacheinander an......
Wie weit ist es gekommen, dass Menschen sich so erniedrigen müssen?
Und wohin soll es führen?
Das ist die Frage, die bleibt.
Und große Hilflosigkeit. Das Gefühl, sich schämen zu müssen ob der eigenen warmen Wohnung, dem Gutgehen.
Das Bild dieses Kindes, das verloren den Boden anstarrt lässt mich nicht los.
Ich frage mich, warum ich die beiden nicht herein gebeten habe. Auf einen warmen Kakao, eine kleine Mahlzeit?
Weil es zu weit führt?
Weil wir nicht wissen wohin das führt?
Aus Angst?
Feigheit?
Ein klitzekleines Augenblickserlebnis. Es lässt mich nicht los. Es holt mich ein. Erschüttert und stellt infrage.
Mich und das, was um mich herum geschieht.
augenBloglich 18.01.2006, 12.44
das ist jetzt wohl mein 4. anlauf um auf deinen beitrag zu antworten... mir kam diese ausrede in den sinn und dann diese und jene... aber schlussendlich ist es die angst vor dem unbekannten. mir fällt es leicht, einem obdachlosen ein belegtes brötchen zu spendieren oder einer bedürftigen mutter kleider zu spenden aber es ist NIE so, dass das jemand meine privatspähre betritt. ich finde es schrecklich, in was für situationen menschen kommen können. ich finde es tragisch, dass wir kein tragfähig(er)es sozialnetz haben... im kleinen versuche ich - auf meine art weise - meinen beitrag zu leisten. tropfen auf dem heissen stein aber eben... viele tropfen ergeben eine pfütze. hätte ich ein patentrezept zur hand ich stellte es allen zur verfügung. andrea
vom 18.01.2006, 21.25