Für die meisten Menschen scheint man ohne Partner nur noch ein halber Mensch zu sein.
Mich erschrecken entsprechende Äußerungen immer wieder und in zunehmendem Maße.
Ich habe mich damit abgefunden, dass nur wenige Wochen nach der Trennung - einige Tage nach dem Auszug des Partners - so gut wie niemand mehr ein Interesse daran hat, zu erfahren, wie es mir mit der Situation geht.
Fragen nach dem Befinden wurden sehr schnell eingestellt - nicht von allen Menschen, aber von den allermeisten.
Trennungen sind kein beliebter Gesprächsstoff und ich könnte nun mutmaßen, warum dem so ist.
Aber damit würde ich vermutlich vielen Menschen Unrecht tun, von daher behalte ich mir vor, darüber nachzudenken, warum ich nun mit Sprüchen alá:
"Es gibt ja auch noch andere Männer!" oder Fragen wie:
"Oh, je wie kommst du denn nun mit dem Garten klar?" konfrontiert werde.
Auch gerne genommen:
"Du bist doch viel zu jung, um ohne Partner zu leben!"Ich wusste nicht, dass es diesbezüglich ein Verfallsdatum gibt.
Die Option, nach einem Lebensphase mit zwei langjährigen Beziehungen nun einfach einmal das Alleinsein zu genießen, sich befreit zu fühlen, sich selbst zu genügen, kommt vielen gar nicht erst in den Sinn und macht man diese Menschen darauf aufmerksam reagieren sie sehr irritiert oder starren mich mit diesem "ist-die-jetzt-total-durchgeknallt-Blick" an.
Mich erschreckt das.
Definiert sich ein Großteil der Menschheit ausschließlich über einen Partner oder in einer Beziehung?
Stecken wir wirklich 2015 immer noch in längt verjährt geglaubten Rollenklischees, die den Gedanken daran, dass Frauen auch Rasen mähen können und Schuhschränke reparieren so unrealistisch erscheinen lassen?
Oder ist es sehr viel persönlicher und man traut mir nicht zu mit den Lebensalltäglichkeiten fertig zu werden?
Ich weiß es nicht. Nicht genau.
Mich schreckt die Hausrevolte nicht (mehr), all die Teile, die hier nach und nach kaputt gehen, ihren Geist aufgeben, zerfallen, zusammenfallen, nicht mehr funktionieren.
Natürlich ist es Zufall - könnte man meinen.
Vielleicht aber auch lediglich das Zeichen dafür, dass es endlich an der Zeit ist, neue Lebensbereiche für sich zu entdecken, neue Dinge zu lernen und sich nicht länger bequem zurückzulehnen und den Partner machen zu lassen.
Zudem ist es doch so, dass es derart wenige und überschaubare Lebensbereiche sind, dass das Gefühl der Angst oder Überforderung gar nicht erst aufkommen kann.
Es überkommt mich eher ein Gefühl des Genervtseins, weil ich nun Zeit in das Erlernen neuer Dinge investieren muss, die ich vielleicht lieber anders verbracht und genutzt hätte.
Aber das wirklich Gute an der Situation ist doch, dass sie die eigene Person stärkt und man nach einer gewissen Weile zurückblicken kann - davon gehe ich jetzt einfach mal aus - und zu entdecken, dass man mehr zu leisten vermag, als man sich ursprünglich zugetraut hat.
In vielen Gesprächen der letzten Wochen habe ich feststellen müssen, dass auch andere Menschen in Beziehungen leben, die nach außen vielleicht intakt erscheinen, aber einem längst nicht mehr das zu geben vermögen, was man sich einst erhoffte.
Aber, das weiß ich nun aus bitterer Erfahrungen, man trennt sich nicht so leicht.
Gewohnheiten, jahrelange Routine, Vertrautes ..... niemand gibt das Leichtfertig auf, denn Neues, Unbekanntes, Unvertrautes ist immer mit einem Hauch Angst und einer Spur Unsicherheit versehen.
Man durchschreitet nicht einfach Raum um Raum, so wie
Hesse es schreibt, und lässt Wohnliches, Liebgewonnenes, Heimat hinter sich.
Unser Innerstes lässt sich nicht so schnell los, hofft, wo die Hoffnung naiv ist und klammert, statt sich zu lösen.
Das "halbe Mensch Syndrom" gehört mit in diese Kategorie. Das hatte ich nicht geahnt, nicht gewusst und hätte es auch niemals für möglich gehalten.
Mich fragte eine ganz wichtige Freundin unmittelbar vor und in der Trennung, wo denn mein Überlebenstrieb wäre und ich antwortete damals sinngemäß, ich hätte keinen.
Heute erst verstehe ich, was sie wirklich meinte und vielleicht braucht es - wie alles im Leben - ja auch einfach Zeit, einen solchen zu entwickeln.
Mittlerweile spüre ich ihn und nehme die Herausforderung gerne und offen an.
Ich kann eine Heizung neu starten und weiß was F28 bedeutet, wenn es im Display steht. Mich schreckt die Maus in der Garage nicht und ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt mit der Hand zu spülen, weil E24 noch in der Werkstatt weilt. (Gut, über diesen Punkt lässt sich noch streiten!)
Ich werde heute den Schuhschrank reparieren, hoffentlich ohne Tote, und kenne die Telefonnummern der Betriebe, die hier helfen können, wenn ich alleine nicht weiter weiß.
Diese Trennung lehrt mich Vieles. Unter anderem Geduld mit mir selbst.
Aber vor allem lehrt sie mich Neues über die Menschen um mich herum.
Ich finde das spannend und beobachte fasziniert all die Reaktionen, die weitaus mehr über andere Menschen verraten, als diese vielleicht annehmen.
Ich fühle mich nicht halbiert.
Im Gegenteil.
Viel eher fühle ich mich endlich wieder als ganzes ICH und beginne stolz darauf zu sein!
Trennungen sind total furchtbar, und glaub mir das auch für Männer. Bei mir ist "es" vor sehr genau einem Jahr passiert, und da man mich "eiskalt erwischt" hat, kam ich fast 6 Monate lang gar nicht auf mich klar. Ich hatte aber das Glück dass ich wirklich Freunde habe, auf die ich mich verlassen kann und die auch noch Monate danach ein offenes Ohr für mich hatten. Ich will aufrichtig sein: Bei mir war es die vierte Trennung einer längeren / langen Beziehung, aber es war die schlimmste für mich meines Lebens. Die einzige Chance ist manchmal, zu versuchen möglichst viel "normales" zu tun. Deswegen bin ich ganz bei Dir, dass du mal dich mit bestimmten Sachen im Haushalt beschäftigst, Dinge reparierst und das so Reparierte quasi zum Sinnbild dafür machst, dass du auch dein Leben wieder "reparieren" kannst. Ich hatte z.B. vor einem Jahr dann einen zwei Monate andauernden Technikfimmel, wobei das Kurioseste war, dass ich mich sogar mit Sachen beschäftigt hatte, die mich sonst gar nicht gut interessieren. Ich glaube, eine Website wie diese hier: Hier klicken für einen "Lampensockel" werde ich nie wieder mit einem ähnlichen Enthusiasmus ansteuern. ;) Geholfen hat sowas bei mir dann doch. Ich hoffe ja, inzwischen geht es auch dir wieder besser.
LG Greg (der diesen Blog heute über designblogs entdeckt hat)
vom 15.09.2015, 10.42