Ausgewählter Beitrag
im nächsten Leben türenlos
Türen - so weiß ich nun aus meinem weisen mütterlichen Erfahrungsschatz zu berichten - Türen sind das Grundübel aller Zwistigkeiten.
Nicht nur, dass man an ihnen hängen, mit ihnen schwingen, diverse Zehen und Finger in, unter und zwischen ihnen quetschen kann, nein, man kann auch ganz wunderbar dagegen hämmern, sie zuschmeißen, sie qietschen lassen und nicht zuletzt kann man wunderbar über Türen streiten.
Gut, der Wecker klingelt eh um 5.30 Uhr. Das aber heißt nicht, dass ich zwangsläufig bereits um 5.20 Uhr von einem affengleichen Gebrüll geweckt werden möchte.
Bruchstückhaft dringen Satzfetzen an mein noch müdes Ohr:
"Deh wett. ICH darf heute die Tür aufmachen!"
"Nein, gar nicht. Du hast gestern!"
"Nein, wieso nicht. Du lügst."
Wenn mein müdes Hirn sich nicht gänzlich irrt, streiten unsere Mädel bereits jetzt darüber, wer NACHHER - so in geschätzten 1,5 Stunden - die Wohnungstür öffnen darf, wenn wir uns auf den Weg in den Kindergarten machen.
Unsere Jüngste, nicht dumm, hat es sich bereits mit ihrer Decke und ihrem Kissen vor umstrittener Tür bequem gemacht. Nur um ja nicht den optimalen Zeitpunkt des Vor-der-Schwester-Öffnens zu verpassen.
Nun könnte man meinen, ein konsequentes Türöffnenverbot würde die Lage entspannen.
Weit gefehlt.
Unsere Kinder sind da durchaus kreativ.
"Wenn ich schon nicht die Tür aufmachen darf, dann zähl ICH die Stufen!"
"Nein, ICH zähl die Stufen. Du hast die Stufen schon gestern gezählt!"
"Dar nicht, ne, Mama?"
Wann immer ICH die Stufen zähle, es sind und bleiben 14. Auch bei unseren Mädel, sie seit geschätzten sechs Monaten täglich mehrmals zählen, differiert die Anzahl eher nicht.
Dennoch ist das kein Grund, um NICHT darüber zu streiten, wer denn nun zählen darf.
Außerdem lockt - am Ende der Stufen - eine Tür. Die Haustür nämlich.
"Du hast nur gesagt die Wohnungstüren dürfen wir nicht aufmachen. Die hier ist nicht in der Wohnung!" weist mich Lena auf meine pädagogische Lücke hin.
Ich überlege kurz, wie es wäre, die Tür zu öffnen, die Kinder hinauszulassen, nur um dann die Tür - von innen - wieder zu verschließen.
Allerdings möchte ich das unseren Nachbarn nun wirklich nicht zumuten.
Das richtig Schlimme ist, nichts ist wirklich türlos.
Das nächste Gebrüll beginnt am Auto.
Kaum ist dieser Streit beendet kann man sich sehr gut bereits verbal auf die zu öffnende Kindergartentür vorbereiten.
Wem das nicht reicht:
Man kann auch gleich die mittäglich zu öffnende Kindergartentür, die anschließend zu öffnende Autotür und selbstverständlich die später aufzuschließende Haustür etc. gleich verbal mit bestreiten.
Falls es irgendwo eine Petition gegen Türen oder für ein türenfreies Leben gibt, ich unteschreibe sie blindlings.
"Mama, dann bau einfach ein Haus, das genug Türen hat. Dann müssen wir auch nicht immer streiten!"
Oder so.
ich sah mal einen bericht über ein rumänisches kinderheim. die kinder, die zum ersten mal raus durften, waren absolut fasziniert von der tür: weg nach draußen. sie hatten bis dato nicht gewusst, was eine tür bedeutet! eine früh. kollegin hatte ein kind aus solch einem waisenhaus geholt, an ihm konnte man das beobachten: er hat sich stunden mit einer einzigen tür beschäftigt!
gruß von Lu
vom 06.04.2006, 23.23